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Chefredaktorin Tijana Nikolic über das Führen von Interviews:
​«Oftmals reagieren Menschen auf unerwartete Fragen viel authentischer»
Über ein Jahrzehnt ist Tijana Nikolic (35) schon im Journalismus. Im Gespräch verrät sie, weshalb Vorbereitungsroutinen von Interviewpartnern manchmal mehr über das Gegenüber verraten als das offizielle Gespräch. Und weshalb ihr Kulturhintergrund sie die Offenheit gelehrt hat.

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Stets ein freundliches Lächeln auf den Lippen: Hoi-Chefredaktorin Tijana Nikolic. Bild: Constantin Escher
Hand aufs Herz, ist es anstrengend jeden Tag beruflich Menschen über ihr Leben und Schaffen zu interviewen? «Nein», wenn man Chefredaktorin des Hoi-Magazins Tijana Nikolic glaubt. «Dem Interview ist ein thematischer Rahmen gegeben; das macht es leicht, weil ich mich darauf vorbereiten kann. Und meist wird es dort spannend, wo man im Gespräch auch mal vom Thema abweicht», erklärt die Journalistin und fügt an weshalb: «Oftmals reagieren Menschen auf unerwartete Fragen viel authentischer. Wie viel jemand beispielsweise tatsächlich von seiner Sache versteht, was ihm wirklich wichtig ist, zeichnet sich dann ab.»
Viel über das Wesen des Interviewpartners erfahre man aber auch vor oder nach dem offiziellen Gespräch. Wobei es nicht nur darum ginge, dass Interviewpartner «off-the-record» eher bereit seien, vertrauliche Informationen weiterzugeben. Sie beschreibt mit ruhiger Stimme: 

«Wie das Gegenüber sich mit Ritualen vorbereitet, vielleicht Smalltalk führt oder nervöse Ticks zeigt - das ist das eigentlich Menschliche und das fasziniert mich»

Vor Kurzmitteilungen scheut sie zurück
Das Menschliche hat sie schon immer fasziniert. Seit über 10 Jahren ist sie im Journalismus tätig und hat bei ihrer Arbeit immer wieder festgestellt, dass es das ist, was sie am meisten berührt - und ihr handwerklich am besten liegt. «Trockene Kurzmitteilungen elegant zu verpacken, darin bin wirklich schlecht», gibt sie zu und lacht. Ganz anders steht es um das Schreiben von Porträts, dort ginge sie auf wie ein Hefeteig an der Wärme. «Und so ein Magazin, eines das aufrichtig menschlich ist und dem Nachbarn von nebenan Platz einräumt, sodass er seine Geschichte nicht nur mit dem Stammtisch, sondern mit einem breiten Publikum teilen kann, fehlt.» Deswegen fackelte sie nicht lange und schlug Kollegin Vanessa Varisco vor zusammenzuspannen. «Schon früh haben die Funken zwischen uns gesprüht. Wir harmonieren und geben ein dynamisches Duo ab.» Innerhalb weniger Wochen standen Konzept, Finanzierungsplan und Budget. 
 
Der Fokus auf den Menschen stand von Anfang an fest. «Im Journalismus muss aus Platzgründen viel vereinfacht und gekürzt werden. Wer mehr über einen porträtierten Menschen erfahren will, der recherchiert danach zusätzlich», umreisst sie die Schwierigkeit. «Das ist schade. Ich will mehr in die Tiefe gehen.» Auch um den Leser anders zu berühren. «Man bildet sich oft sehr schnell eine Meinung. Schon nach dem ersten Hoi. Wer Menschen verstehen will, der braucht aber erstens mehr als ein Hoi, muss zweitens Fragen stellen und drittens sich auf die Antworten des Gegenübers einlassen.» Sie selber bezeichnet sich als sehr menschlich. Als Person, die sich gerne in ihr Gegenüber hineinversetzt. «Eine andere Perspektive anzunehmen, ist für mich spannender als eine nüchterne Betrachtungsweise. Es schärft mein Verständnis für mich selbst und Mitmenschen und bereichert mich in meiner persönlichen Entwicklung.» 
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Diese Erkenntnis ist persönlichen Erlebnissen geschuldet und dem Wunsch, andere hätten sich in sie hineinversetzt, wenn sie bei früheren Ereignissen eigenartig reagiert habe. Sie gibt beispielsweise offen zu, dass sie viel zu viel nachdenkt, wodurch sie Ängste entwickelt, die «eigentlich gar nicht nötig sind.» Und wer ängstlich ist, der mag ab und an komisch reagieren. Um nicht den gleichen Fehler zu machen und teilnahmslos zu bleiben, heisst es für sie  deshalb: Fragen, fragen, fragen. Womit sie als Journalistin wohl ihre Berufung gefunden hat.

Ängste als selbstgebautes Gefängnis
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Tijana Nikolic stammt ursprünglich aus Serbien. Das Bild zeigt sie im Alter von etwa vier Jahren. Bild: PD
Aber nicht nur anderen, sondern auch sich selbst stellt sie Fragen - und überwindet so ihre Ängste. «Wieso ich meine Ängste überwinden will?», wiederholt sie die Frage der Journalistin, «Weil Ängste mich einsperren und das ist nicht mein Ziel.» Genau solche Fragen will sie im Hoi-Magazin auch ihren Interviewpartnern stellen. Und damit der Stigmatisierung von Gefühlen und von Unsicherheiten entgegenzuwirken. Sie schliesst nicht aus, dass ihr kultureller Hintergrund ihr zu einem besseren Verständnis verhilft.
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​Tijana Nikolic stammt ursprünglich aus Serbien und beschreibt die Kultur dort als sehr offen und menschlich, während sie Schweizer auch manchmal als etwas zögerlich wahrnimmt. Das kulturelle Unterschiede mit der angemessenen Portion Offenheit beide Parteien bereichern können, ist längst kein Geheimnis mehr. «Vor allem Dankbarkeit für den hohen Lebensstandard habe ich durch meinen Umzug in die Schweiz kennengelernt», erörtert sie. Als kleines Kind habe sie in einem renovierungsbedürftigen Haus gelebt mit ihrer Familie. Die Versorgung in den Spitälern war eher dürftig. Sie erklärt:

 «Ich habe erlebt, wie es sich anfühlt in ärmlichen Verhältnissen aufzuwachsen und kann mich deshalb in verschiedene Situationen einfühlen.»

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Tijana traut sich durchaus mal Farbe zu bekennen. Bild: PD
Manchmal lohnt sich ein schwerer Start
Bei allen guten Vorsätzen und dem geschärften Verständnis gesteht sie aber, dass auch sie schon unmenschlich gehandelt hat. «Ich denke, wer behauptet, das noch nie getan zu haben, lügt», räumt sie ein. Unmenschlich wird sie laut eigener Aussage, wenn sie sich unfair behandelt fühlt. Nicht immer kann sie ihre Contenance wahren. Aber sich zu entschuldigen liegt ihr nicht fern. Oft geschah es sogar, dass sich mit Menschen, mit denen sie einen schwierigen Start hatte, sich danach oft gute Freundschaften entwickelten. Nikolic:

«Man begegnet sich dann auf einer anderen Ebene, weiss, wie es ist, wenn man nicht in der rosaroten Kennenlernphase feststeckt.»

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Bei der Arbeit erscheint sie allerdings lieber in schlichtem Schwarz. Bild: PD
Neue Leute kennenzulernen, räumt sie ein, ist aber für Sie grundsätzlich nicht ganz leicht. Zwar begegnet sie Menschen offen, aber eine Verbindung aufzubauen, sei nochmals eine andere Schuhgrösse. 
 
Hier unterscheidet sich der private Umgang mit Menschen von ihrem Beruf. Als Journalistin hat sie, wie erwähnt einen vorgegebenen Themenkreis, im Privaten ist man ständig Überraschungen ausgesetzt. «Das ist nicht immer leicht. Denn hier brennen mir manchmal zu viele Fragen auf der Zunge. Das Gleiche kann natürlich auch umgekehrt der Fall sein», beschreibt sie. Und ein Fragenhagel geht unter Umständen an die Substanz. «Aber letztlich auf eine gute Art; auch das bringt mich voran.» 
Kein Tschüss nach dem ersten Hoi
Ein eigenes Magazin ins Leben zu rufen, das bedeutet zweifelsfrei einiges an Arbeit - nebenberuflich und unentgeltlich. Tijana Nikolic stemmt diese Aufgabe neben ihrer 80-Prozent Festanstellung in einer Zuger Lokalredaktion und ihrer Mutterschaft. Dass sie das alles unter einen Hut bringt, begründet sie damit, dass sie tatkräftige Unterstützung erhält. Ihr Freund etwa ist Hausmann und unterstützt das Hoi-Team im Bereich Social Media und Werbung. Sollte ihr aber mal alles zu bunt werden, entspannt sie gerne mit ihrem Freund auf dem Balkon bei einem Glas Wein. Und danach geht es auch gleich wieder an die Arbeit. 

​Sowieso, vor Arbeit scheut die 35-Jährige nicht zurück. Nicht selten hat sie in der Vergangenheit Sechstage-Wochen bewältigt, da sie neben ihrer Arbeit in der Redaktion im Detailhandel engagiert war. Für ihren Traum, wie sie die Bewirtschaftung des eigenen Magazins nennt, legt sie sich deshalb umso lieber Zeug. «Wenn es sein muss, schiebe ich auch Nachtschichten», sagt sie schlicht. Was sie beweist, indem sie nachts um 2 Uhr noch Emails mit Konzepten versendet. Für ihren Traum, das Hoi-Magazin, betont sie noch einmal: «Es klingt wie ein abgekupfertes Klischee, aber das Leben ist zu kurz, um seine Träume nicht zu leben.» Deshalb gibt sie einhundert Prozent und nach dem ersten Hoi nicht auf. 
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